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Legasthenie und LRS – Ein Leitfaden für Eltern

Updated: Sep 6, 2023

Um die häufigsten Fragen zu beantworten, die mir Eltern stellen, habe ich folgenden Leitfaden zum Thema erstellt.


Was ist eine Legasthenie oder LRS?

Um eine Legasthenie bzw. eine LRS handelt es sich um keine Krankheit, sondern um eine veränderte Informationsverarbeitung im Gehirn.

Bei einer Legasthenie/ LRS handelt es sich um eine sogenannte "Teilleistungsschwäche".


Teilleistungen sind Leistungen, die das Gehirn auf Ebene der Informationsverarbeitung erbringen muss, damit Kinder Schreiben und Lesen korrekt lernen können.

Kommt es auf dieser Ebene zu einer veränderten Informationsverarbeitung, schlägt sich dies in einer sogenannten Legasthenie/ LRS nieder.


Da es verschiedene Teilleistungsbereiche gibt, in denen Kinder Defizite aufweisen können, unterscheiden sich Kinder mit einer Legasthenie/ LRS in ihren gemachten Fehlern voneinander.


Umgekehrt sind bei Legasthenikern andere Teilleistungsbereiche, die per se für den Lese- und Schreiberwerb nicht so relevant sind, oft überdurchschnittlich ausgeprägt. Dies ist mitunter ein Grund, dass Legastheniker individuelle Stärken besitzen und im späteren Leben oft sehr erfolgreich sind. Die Liste an berühmten Legasthenikern ist lang!


Was ist der Unterschied zwischen einer Legasthenie und einer LRS?

Im schulischen Bereich werden beide Begriffe oftmals synonym verwendet, der Einfachheit halber verwende ich diese auch bewusst synonym im Elterngespräch, da für mich das Erscheinungsbild der Schwierigkeiten und Defizite zählt und nicht die Wortbenennung des Zustandes wichtig ist, da es sich um keine Krankheit, sondern um eine Lernschwäche handelt.


Eine Legasthenie hat per Definition biogenetische Ursachen – oftmals hatte mindestens ein Elternteil ebenfalls Schwierigkeiten als Kind im Deutschunterricht.


Eine Lese-Rechtschreib-Schwäche bzw. eine Lese-Rechtschreibstörung wurde im Laufe des Lebens erworben. Ursachen können zum Beispiel eine Hörschwäche des Ohres als Organ in früher Kindheit sein, wo eine Sprache erstmals erlernt wird und Teilleistungsbereiche wesentlich mitbeeinflusst werden.


Die Lehrerin hat einen Verdacht auf Legasthenie oder LRS geäußert – was nun?


Im ersten Schritt ist eine Testung durch eine Fachperson wichtig.

Eine Testung kann bei einem Kinderpsychologen, einem Lerntherapeuten oder einem Legasthenietrainer stattfinden.


Im nächsten Schritt ist es wichtig, mit der Lehrkraft die Option auf einen sogenannten Nachteilsausgleich zu besprechen: Bei einer festgestellten Legasthenie nimmt in der Regel die Lehrkraft Rücksicht auf eine Legasthenie/ LRS und dadurch gemachte Fehler.


Was ist Legasthenie- bzw. LRS-Training?

Bei einem Legasthenie- bzw. LRS-Training handelt es sich um spezielle Trainingsverfahren, die ihren Ursprung in der Neuropsychologie und der Pädagogik haben.

Legasthenie-/ LRS-Trainer haben eine spezielle Ausbildung durchlaufen, um legasthene Kinder optimal fördern zu können.


Legasthenie-/ LRS-Training findet auf Ebene der Teilleistungen statt. Es kann auch mit Einbezug des Schulstoffes, Grammatik- oder Rechtschreibregeln gearbeitet werden, ein Legasthenietraining ist dennoch klar von einer Deutschnachhilfe zu unterscheiden.


Was macht der (Kinder-)psychologe?

Ein (Kinder-)psychologe hat Psychologie studiert und ist nicht nur für „psychische Erkrankungen“ zuständig.

Ein Psychologe beschäftigt sich vereinfacht erklärt mit Allem, was das Gehirn ansonsten kann: Erfassung und nähere Untersuchungen von kognitiven Fähigkeiten, Gedächtnisleistung, Persönlichkeitsmerkmalen usw.


Ein klinischer Psychologe führt grundsätzlich psychologische Testungen durch sowie psychologische Beratungen, die meistens über einen kürzeren Zeitraum gehen.


Wo ist der Unterschied zwischen einem (Kinder-)psychologen und einem (Kinder-)psychiater?

Ein (Kinder-)psychiater hat Medizin studiert, verschreibt Medikamente und berät seine Patienten.

Eine Medikation bei einer Legasthenie/ LRS ist in den meisten Fällen nicht nötig und individuell abzuklären bei z.B. einer stark ausgeprägten ADHS, die begleitend bei einer Legasthenie/LRS vorkommen kann.


Eine Legasthenie/ LRS allein wird in der Regel nicht wie eine Krankheit im klassischen Sinn behandelt.


Was macht ein (Kinder-)psychotherapeut?

Ein (Kinder-)psychotherapeut verwendet ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren zur Therapie von psychischen Leidenszuständen – die Psychotherapie – und ist in der Regel nicht für eine Legasthenie/ LRS zuständig, außer er besitzt eine passende Zusatzausbildung.


Oftmals sind Psychologen oder Psychiater ebenfalls ausgebildete Psychotherapeuten, eine Psychotherapie ist aber ein eigenes Behandlungsverfahren fernab von klinisch-psychologischer Diagnostik und einer psychiatrischen Konsultation.


Ist Legasthenie/ LRS heilbar?

Eine Legasthenie/ LRS bleibt das ganze Leben bestehen.

Dies ist aber kein Drama!


Das Ziel des Legasthenietrainings ist es, dass der Schüler das Lesen und das Schreiben altersgerecht erlernt.


Da eine Legasthenie/ LRS mit sehr vielen Stärken verbunden ist, sind Legastheniker im späteren Leben sehr oft sehr erfolgreich und es gibt sehr viele berühmte Legastheniker, die ihrem Erfolg ihrer Legasthenie zuschreiben.


Wie lange dauert es, bis sich durch das Legasthenietraining Erfolge einstellen?


Es ist keine Pauschalaussage möglich, wie lange es dauert, bis sich in einem Legasthenietraining Erfolge zeigen. Es kann ein bis zwei Jahre dauern, bis sich deutliche Erfolge einstellen.

In der Praxis feiern viele Kinder ihre ersten Erfolge etwa nach zwei Monaten Training.


Legasthenietraining findet mindestens einmal wöchentlich statt, wichtig ist eine Regelmäßigkeit und auch gegebenenfalls ein selbstständiges Üben außerhalb der Legasthenietrainingsstunde.


Können sich Erfolge einstellen, wenn erst im Jugendalter und Erwachsenenalter mit einem Legasthenietraining begonnen wird?


Ja, allerdings gestaltet sich ein Training in den Teilleistungsbereichen schwieriger, da das Gehirn in seiner Entwicklung schon gefestigt(er) ist. Somit brauchen Jugendliche bzw. Erwachsene oftmals ein individuelles Programm, welches über ein Teilleistungsschwächentraining hinaus geht.


Wird Legasthenietraining von den Krankenkassen übernommen?


Leider nein, da Legasthenie bzw. LRS von den Krankenkassen nicht als Krankheit angesehen wird.

Unter Umständen übernehmen private Krankenkassen ein Legasthenie-/LRS-Training bei speziellen Vereinbarungen. Es lohnt sich, nachzufragen.



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